Mit dem dritten Pflichtspielsieg in Folge holt sich Schalke 04 viel Selbstvertrauen für die anstehenden schweren Aufgaben der kommenden Wochen. Der heiße Herbst beginnt, die Englischen Wochen laufen an. Optimismus macht sich breit, denn die wackelige Defensive steht stabil. Seit zwei Spielen blieb die Truppe von Jens Keller ohne Gegentreffer. Da genügt dann auch nur ein einziges geschossenes Tor, um drei Punkte auf des Gegners Platz zu entführen.
Der Karnevals-Prince Es reichte der eine Moment, der offenbarte, wie wichtig Kevin-Prince Boateng für den Revierklub ist. Mainz-Stürmer Shinji Okazaki muss in der 34. Minute eine wirklich hübsche Frau auf der Tribüne gesehen haben, anders ist solch ein, wie Trainer Thomas Tuchel sagte, "katastrophaler Pass" schwer zu erklären. Im Sommer wurde seitens des S04 die berühmte "Handlungsschnelligkeit" in gewissen Situationen gefordert. Diese Szene war prädestiniert als Beweis dafür, dass Boateng eben jene Handlungsschnelligkeit besitzt. Vielleicht war es auch seiner Aura geschuldet, dass FSV-Innenverteidiger Nikolce Noveski gebührenden Abstand hielt und Boateng gewähren ließ. Jedenfalls schlenzte die Schalker Nummer 9 den Ball unhaltbar ins Tor.
Dennoch, und das darf man nicht unter den königsblau gefärbten Teppich kehren, birgt diese Fokussierung auf einen Spieler auch Risiken. Was passiert, wenn der neue Heilsbringer mal ausfallen sollte? Geht dann der Rumpelfußball aus den ersten Bundesligaspielen weiter? Wer springt in die Bresche und reißt die junge Schalker Mannschaft mit, so wie es der Nationalspieler Ghanas macht? Jede Medaille hat eben zwei Seiten, bislang ist nur die sonnige zu sehen. Diese Fragen klären sich dann, sollte der Fall mal eintreten. Was aber nahezu greifbar ist, ist, wie sich die Leistungen der anderen Spieler, seit des Aufschlagens des aus der Modestadt Mailand gekommenen "Enfant terrible" alter Tage, ins Positive drehen.
Richtiger Weg Es gilt festzuhalten, dass dieser Weg, auf einen Fels in der Brandung zu bauen, trotz möglicher Gefahren, der einzig richtige war. Auch wenn dies ein finanzieller Drahtseilakt sein dürfte. Die junge Mannschaft des FC Schalke benötigte eine Leitfigur, einen medialen Staubsauger und einen Antreiber mit Charisma. Neben den fußballerischen Fähigkeiten von Kevin-Prince Boateng war dies das Puzzleteil zum sportlichen Erfolg. Ein Beispiel: Borussia Dortmund gewann, nicht unbedingt als die viel bessere Mannschaft, vor der Länderspielpause bei Eintracht Frankfurt mit 2:1. Dort schlug Qualität zu, in persona Henrikh Mkhitaryan. Der Armenier markierte den Siegtreffer mit einer tollen Einzelaktion und einem satten Schuss von der Strafraumnarbe. So ähnlich tat es Boateng und sicherte Schalke 04 in Mainz die wichtigen drei Punkte.
Es gibt in der Liga keine wirklich kleinen Gegner und vor allem der FSV ist eine schwer zu bespielende Truppe. Der letzte Schuss an individueller Qualität, um solche engen Begegnungen siegreich zu gestalten, hat dem S04 gefehlt – mit Boateng ist diese nun da.
Am Mittwoch folgt die nächste Bewährungsprobe gegen Steaua Bukarest, ein unbequemer Gegner. Das letzte Aufeinandertreffen gab es in der Gruppenphase der Europa League 2011/2012. Dem FC Schalke gelang auswärts nur ein trost- und torloses Remis, in der heimischen Arena gewannen die Mannen von Ex-Trainer Huub Stevens glanzlos und knapp mit 2:1. Schalke 04 machte damit die K.o.-Phase klar. Dort wurde auch die eben angesprochene Qualität gebraucht. Sie war da und trug den klangvollen Namen "Raul".